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D a s e Z i n e d e r T e c h n i s c h e n A n a l y s e |
Finanz-Buch-Empfehlung: Max Otte: Deutsche Superinvestoren aus Graham- und Doddsville |
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Allein durch den Titel werden Anleger, die viel über den Super-Investor Warren Buffett wissen, neugierig gemacht. Denn Buffett hielt 1984 an der Columbia Business School eine Rede, die er "Die Super-Investoren von Graham- und Doddsville" betitelte. In ihr bricht er eine Lanze für eine seltene Spezies: Den Value-Investor.
Urvater der Value-Investoren ist Benjamin Graham, er entwickelte die Methode des Value-Investierens in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren in den USA. Graham lehrte an der Columbia University und gab später zusammen mit seinem Kollegen David Dodd sein Hauptwerk Security Analysis (deutsche Ausgabe: Wertpapieranalyse) heraus. Der mittlerweile berühmte Investor Warren Buffett war der beste Schüler Grahams und übernahm seine Weisheiten, was das Investieren anbelangt. Seitdem sind die Namen Graham, Dodd und Buffett untrennbar mit der Anlagestrategie Value-Investing verbunden.
Es gibt einige Fondsmanager, die ebenfalls diese Strategie anwenden und ähnliche Erfolge wie Buffett vorweisen können, d.h. Jahres-Performances von 15% oder sogar 20%, und das über Jahrzehnte! In der Rede selbst, führt Buffett diese Fondsmanager, die er alle persönlich kennt, als Beweis an, dass es möglich war, den Markt über einen sehr langen Zeitraum zu schlagen, d.h. besser als die wichtigsten Aktienindices zu sein (Outperformance). Gleichzeitig übt er scharfe Kritik an der Theorie der effizienten Märkte, die er für falsch hält. Deswegen kritisiert er auch, dass diese Theorie immer noch an den Universitäten gelehrt wird.
Die meisten Menschen fragen sich, wie die "Großen" es machen, immer reicher und reicher zu werden. In diesem Buch von Max Otte (Der Crash kommt) und Jens Castner wird anhand des Value-Investing-Ansatzes versucht, dies zu erklären. Value-Investing (engl. Value = Wert) basiert auf der Auswahl von ganz bestimmten, substantiell wertvollen bzw. günstigen Aktien, die mit hoher Wahrscheinlichkeit, zumeist längerfristig, über mehrere Jahre, steigen werden. Und die nur dann gekauft werden sollen, wenn sie an der Börse gerade zu einem akzeptablen, d.h. niedrigen Preis angeboten werden. Die Aktie wird in diesem Fall unter ihrem sogenannten intrinsischen Wert gekauft, denn der Markt wird dafür sorgen, dass sie in absehbarer Zukunft auf ihren wahren Wert, eben den intrinsischen, steigen wird.
Buffett sprach oft davon, einen Dollar für 50 Cent zu kaufen. Denn dann und nur dann hat der Investor den sog. Sicherheitspuffer (engl. "Margin of safety") für sein Investment erreicht, sodass er sicher sein kann, auf viele Jahre hin eine überdurchschnittliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu bekommen. Ist die Aktie dann nach einiger Zeit soweit gestiegen, dass sie ihren wahren Wert erreicht hat, verkauft der Value-Investor die Aktie und macht sich auf die Suche nach der nächsten Gelegenheit.
Die Technische Analyse von Aktientrends ist bei Value-Investoren geradezu verpönt. Im Gegensatz zu reinen Charttechnikern, die nur anhand der Aktiencharts durch die Erkennung wiederkehrender Muster und Formationen versuchen, den zukünftigen Verlauf eines Aktienkurses grafisch zu bestimmen, werden für die Auswahl der in Frage kommenden Aktien ausschliesslich die Fundamentaldaten des entsprechenden Unternehmens sehr detailliert analysiert. Es sind fundierte Kenntnisse der Betriebswirtschaftslehre vonnöten. Mit Hilfe der Bilanz-Analyse werden die finanzielle Stabilität, die Ertragslage und sonstige Zusammenhänge des Unternehmens untersucht, sodass eine gut begründete Aussage zum zukünftigen Wachstum des Unternehmens gemacht werden kann. Damit kann dann der Unternehmenswert z.B. mittels Substanzwertmethode oder Ertragswertmethode bestimmt werden. Hat man diesen errechnet, ist feststellbar, ob die Aktie zur Zeit an der Börse über oder unter ihrem wahren Wert gehandelt wird.
An dieser Stelle würde jemand, der von der Theorie des effizienten Marktes überzeugt ist, widersprechen, da es ja nach dieser Theorie keine unterbewerteten Aktien an der Börse geben kann. Trotzdem sorgt die Irrationalität der an der Börse Handelnden in der Praxis immer wieder dafür, dass es unterbewertete Aktien gibt, und diese Tatsache machen sich die langfristig orientierten Value-Investoren zunutze. Nur durch die langfristige Anlageperspektive ist dies möglich. Buffett beschrieb seine Anlagestrategie auch einmal mit dem Worten "Ausbeutung der Kurzsichtigkeit".
Max Ottes Buch ist in drei Teile gegliedert, ein 40-seitiger Anhang mit Basiswissen der betriebswirtschaftlichen Theorie runden das Buch ab.
Im ersten Teil wird zunächst die Frage beantwortet, was Value-Investing ist und warum es schon seit vielen Jahrzehnten funktioniert. Hier wird auch auf die psychologischen Fallen eingegangen, die ein erfolgreicher Anleger umschiffen muss (Stichwort Behavioral Finance). Dann wird der Value-Investment-Prozess als solches beleuchtet, es werden verschiedene Suchstrategien erläutert, um gerade die Aktien zu finden, die besonders Erfolg versprechend sind. Für die Ermittlung des Kurszieles bzw. des Unternehmenswertes werden die Substanzwert- und die Ertragswert-Methode mit Beispielen realer Unternehmen detailliert vorgestellt.
Es folgen zwei wertvolle und umfangreiche (jeweils 15 Seiten umfassende) Fallstudien der Salzgitter AG und der Bijou Brigitte modische Accessoires AG, anhand derer man sehr gut verfolgen kann, wie ein Value-Investor ein Unternehmen analysiert. (siehe vergleichsweise auch TA professional Artikel Bijou Brigitte: "Sichere Rendite" vom 22.05.2002)
Im dritten Abschnitt kommt das Buch zum Punkt respektive zu Ottes Super-Investoren: Auf jeweils gut zehn Seiten werden acht verschiedene deutschsprachige Investoren vorgestellt, die in unseren Breiten dem Value-Investing nachgehen. Dafür wurden ihnen im Interview-Stil jeweils zwölf Fragen zu ihrer Anlagestrategie gestellt, über ihre Vorbilder, ihre Anlage-Tops und -Flops etc. Natürlich werden am Ende jeweils auch die Fonds dieser Investoren präsentiert. Hier findet man allerdings nur sehr dürftige Informationen über das Wichtigste überhaupt: Die Performance des jeweiligen Fonds. (Anm. d. Red.: Direkte Links zu den Fonds-Snapshots wurden unten angefügt.)
Das Buch Deutsche Superinvestoren aus Graham- und Doddsville von Max Otte und Jens Castner ist empfehlenswert für jeden, der speziell mehr über das praktische "Handwerk" eines Value-Investors erfahren möchte.
Volker Düvel
23.08.2007
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